Sonntag, 19. Dezember 2010

Grand Cru

Dieses Jahr war Wein-Schwemme auf der Spielemesse in Essen angesagt. Wie viele traubenorientierte Spiele kamen heraus? Zwei, vier, 28? Ich weiß es nicht mehr.

Zwei davon erregten meine Aufmerksamkeit, eins davon landete in meiner Sammlung und zwar: Grand Cru.

Worum geht es denn jetzt in diesem Spiel?

In „Grand Cru“ sind wir Winzer, die versuchen durch Weinanbau und Verkauf des Selbigen, möglichst viel Geld zu machen.

„Na dette is ja ma watt janz Neuet!!!“, werden sich einige Leser nun gähnend sagen. Worauf ich sage: worum soll es bei Wirtschaftsspielen auch sonst gehen? Natürlich um den Gewinn... aber Grand Cru hat in diesem Punkt tatsächlich eine andere Herangehensweise. Wir müssen zwar den schnöden Mammon anhäufen, als gäb es kein Morgen mehr, aber wir tun das, weil wir uns für unseren Weinberg mal so richtig deftig in die Schulden gestürzt haben.

Und wie geht dieses Spiel jetzt?

Es beginnt mit dem unerfreulichen Teil: wie viel Kredite möchten wir aufnehmen? Für jeden Kredit bekommen wir natürlich mehr Geld... aber die Zinsen, die wir am Ende jeder Runde abdrücken müssen, steigen natürlich auch.

Da geht’s dann schon los. Viele Kredite nehmen, um möglichst liquide zu sein? Oder lieber wenige, aber dafür gezielt haushalten und das Spiel schnell beenden?

Egal, wie man sich entschieden hat, das Spiel kann beginnen.

Jeder hat vor sich sein Tableau liegen, auf dem der Weinberg und Weinfässer abgebildet sind. Der Weinberg ist in 12 Felder unterteilt, die Weinfässer zeigen an, welche Traubensorte in welchem Fass seine Reife erhält.

Trauben bzw. Reben kann man sich ersteigern. Davon liegen pro Runde immer eine – je nach Spieleranzahl – unterschiedliche Anzahl aus. Will ich eine Rebe ersteigern, leg ich sie auf dem Hauptspielplan auf eine freie Versteigerungsleiste und lege einen meiner Steine auf den Betrag, den ich dafür bieten will.

Komm ich wieder dran und mein Stein ist auf einer der Leisten in Führung, darf ich mir die Rebe für den Preis kaufen und auch sofort einpflanzen. Also auf mein Tableau legen. Netterweise produziert die Rebe schon eine Traube für mich, also leg ich noch einen passenden Farbwürfel auf das Plättchen.

Aber es gibt noch mehr Dinge, die man in seinem Zug machen kann. Z.B:

-       kann ich natürlich einen anderen Spieler auf so einer Versteigerungsleiste überbieten und meinen Stein einfach auf ein höheres Gebot legen
-       kann ich den Weinpreis einer Sorte erhöhen
-       kann ich die Trauben (also den Würfel) einer Rebe ernten (was auch Geld kostet... schließlich laufen die Trauben nicht auf höfliche Nachfrage von allein ins Fass)
-       kann ich alle Trauben einer Sorte, die schon reif genug ist, aufs Weinfest verkaufen

Aber egal, was man tut: sind alle 1x dran gewesen, ist eine Jahreszeit rum. Sind alle vier Jahreszeiten rum, kann die Runde beendet werden. Und zwar von dem, der seine letzte Traube erntet (das ist vorher nicht erlaubt... man muss schon ein Jahr warten, bis die Reben soweit sind).

Am Ende einer Runde schlagen die Banken gnadenlos zu und wollen ihre Zinsen haben. Hat man nicht genug Kohle zum Tilgen, muss man jetzt neue Kredite zwangsweise aufnehmen (für die man dann weniger Geld bekommt... was für eine Schweinerei).

Hat man aber gut gewirtschaftet, kann man Kredite zurückzahlen. Und darum geht’s, denn wer als erster alle Schulden abbezahlt hat, beendet das Spiel.

Aber vor dem Bezahlen am Ende der Runde passiert noch mehr. Viiiiiiiiiiel mehr. Deshalb mal der Reihe nach:

  1. Der Wein reift
Ich schiebe jede Traube ein Fass weiter nach rechts. Denn: ernte ich Reben, leg ich den Würfel auf das erste Weinfass auf meinem Tableau. Auf den Fässern sind die Sorten abgebildet, die reif genug zum Verkauf sind. Grüne und gelbe Sorten sind schon im 1ten bzw. 2ten Fass reif, bringen aber kaum Geld beim Verkauf. Andere Sorten brauchen hingegen vier oder fünf oder mehr Runden zum Reifen... bringen dann aber auch dementsprechend mehr.

  1. Das Weinfest öffnet seine Tore
Wie schon oben beschrieben, verkaufen wir die reifen Trauben ans Weinfest. Das bringt uns zum einen Geld, aber zum anderen auch die Möglichkeit, sogenannte „Prestigepunkte“ zu bekommen. Die bekomme ich, wenn ich von einer Sorte Wein die meisten oder zweit meisten Würfel verkauft habe.
Prestigepunkte sind eine feine Sache, erlauben sie uns doch Zusatzaktionen, die man mit ihnen bezahlt.
Reihrum kann jeder eine dieser Aktionen kaufen – so er denn will und auch noch genügen „PP“ hat.
Aktionen wären:
-       Weinpreise hochtreiben
-       Sich Bargeld nehmen
-       Alle Trauben, die noch auf seinem Weinberg liegen (und die nur deshalb da sind, weil so ein Schwein von Mitspieler das Jahr beendet hat, bevor man selber alle Trauben ins trockene Fass bringen konnte), für ein bisschen Geld zu Traubensaft verarbeiten
-       Wein verkaufen, der eigentlich noch nicht reif ist
-       Eine Zusatzernte
-       Und und und und und.... es gibt einige Aktionen.

Haben alle Spieler ihre „PP´s“ aufgebraucht oder gepasst (man kann sie auch sparen für die nächste Runde), geht’s weiter im neuen Jahr. Also wieder versteigern oder ernten oder oder oder...

Um der Artenvielfalt der Aktionen noch eins drauf zu setzen, gibt es nicht nur Weinsorten, die man ersteigern kann. Es gibt auch Aktionsplättchen, die man ein Mal im Jahr benutzen kann. Die können z. B. mehr ernten. Oder eine Traubensorte in einem Fass in eine andere umwandeln. Oder Weinpreise durch Werbung kräftig erhöhen. Oder oder oder....

Und wann endet dieses Spiel jetzt?

Wie bereits oben beschrieben, endet es, wenn ein Spieler seinen letzten Kredit zurückgezahlt hat. Aber der hat nicht automatisch gewonnen. Es gibt noch pro unterschiedlichem Plättchen auf dem eigenen Weinberg und pro Traube in den Fässern Geld. Wer noch Kredite übrig hat, muss diese jetzt zurückzahlen. Und wer dann das meiste Geld hat, hat gewonnen.
(In ganz seltenen Fällen endet das Spiel auch, wenn jemand gezwungen wird, noch einen Kredit aufzunehmen und damit das Kreditlimit sprengt).

Und wie ist dieses Spiel jetzt?

Oder, oder, oder.... damit kann man „Grand Cru“ wohl am Besten beschreiben. Was soll ich tun? Und vor allem: wann? Und wie viel wird es mich kosten? Krieg ich die Zinsen für die nächste Runde zusammen? Oder muss ich wieder einen dieser Schweinekredite aufnehmen?

Unsere Meinung am Tisch (nach 2 Partien, jeweils zu dritt):

Volker: zwiespältig. Weiß noch nicht, ob er es noch mal spielen mag. Er hadert noch mit sich.

Petra: würde es noch mal spielen.

Andy: angefixt. Will es unbedingt noch mal spielen, um zu gucken, wie er was optimieren kann.

Carmen: hats nicht gefallen. Aber sie findet Wirtschaftsspiele generell eher langweilig und trocken.

Ich: finds toll.

Aber alle waren sich einig: das ist ein ziemlich hartes Wirtschaftsspiel, das Fehler nur bedingt entschuldigt. Hat man sich einmal mit seinen Krediten verzettelt und achtet nicht ständig drauf, seine Mücken zusammen zu halten, tritt einem „Grand Cru“ schon mal gerne in seinen Allerwertesten.

Das ist bestimmt nicht jedermanns Sache, aber wenn man damit klar kommt, hat man – meiner Meinung nach – mit „Grand Cru“ ein super Wirtschaftsspiel auf dem Tisch liegen.

Zum Schluss noch etwas in eigener Sache:

Es gab eine ziemlich unerfreuliche Diskussion darüber, ob es eine „perfekte Strategie“ gibt, mit der man das Spiel IMMER gewinnt. Dabei wurde eine gewisse Kombination an Trauben und Aktionsplättchen angenommen, die einen immer auf die Siegerstraße führen.

Dazu kann ich nur sagen: würfelt man bei „Risiko“ immer 6er, gewinnt man das auch. Oder mischt man bei „Dominion“ die Karten so, dass immer nur maximal eine Punktkarte auf der Hand ist, hat man auch bessere Chancen als die Mitspieler.

Will sagen: für JEDES Spiel gibt es einen optimalen Verlauf. Auch für „Grand Cru“. Man sollte sich also nicht durch diese Diskussion – sofern man sie denn gelesen hat – abschrecken lassen und die Trauben lieber selber stampfen... verkaufen... ernten... ähm... spielen. Das wollte ich schreiben. Spielen.

(Grand Cru
Von Ulrich Blum
Verlag: Eggertspiele
2-5 Spieler ab 12 Jahren
Ca. 90-120 Minuten)

Autor: Christoph Schlewinski

1 Kommentar:

  1. So, noch eine Runde Wein kam auf den Tisch.

    Dieses Mal wieder mit Volker und Petra. Die Meinungen:

    Volker fand es besser, als beim ersten Mal, ist sich aber nicht sicher, ob diese Art von Wirtschaftsspiel was für ihn ist.

    Petras Meinung hat sich nicht geändert. Sie fand es gut.

    Und ich: finds immer noch toll.

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