Samstag, 30. Juli 2011

De vulgari Eloquentia


Wieder fand ich mich bei Volker und Petra ein, dieses mal gesellte sich Ulli zu uns und wir begaben uns ins mittelalterliche Italien. 

Da sprach man in allen wichtigen Bereichen der Gesellschaft Latein und jeder, der nicht mal eben ein kleines Vermögen für Schulbildung aufbringen konnte, musste zusehen, wo er blieb.  Kein Wunder, dass sich da Protest regte und eloquente Menschen wie Franz von Assisi begannen, aus den verschiedenen Dialekten, die damals in Italien gesprochen wurden, eine gemeinsame Sprache zu formen (quasi, damit jeder normal sterblich Geborene mal in Ruhe nen Gang zum Einwohnermeldeamt machen konnte).

Und worum geht es jetzt in diesem Spiel?

Jeder Spieler ist ein Kaufmann, der durch Italien reist und versucht, Schriftstücke eben dieser verschiedenen Dialekte zu sammeln.
Oder man kann versuchen, Franz von Assisis Sonnengesängen zu lauschen, die ebenfalls in der ersten allgemeinen Sprache Italiens verfasst wurden.
Oder man kann versuchen, die päpstliche Bibliothek zu durchstöbern, um wertvolle Dokumente zu finden.
Man kann sogar versuchen, Mönch zu werden, danach Kardinal und danach sogar Papst.

Man hat also: Möglichkeiten, Möglichkeiten, Möglichkeiten. So was mag ich ja gern.

Aber egal, wie voluminös sich diese Möglichkeiten anhören, ernüchternd betrachtet bringen sie uns kein italienisch bei, sondern lediglich Siegpunkte ein.

Und wie geht dieses Spiel jetzt?

Ist man am Zug, hat man 5 Aktionsscheiben, die man auf eine - am Anfang sehr verwirrend große Zahl an Aktionen - verteilen kann. Diese Aktionen sind auf dem Spielbrett dargestellt und will ich als Aktion z.B. durch Italien reisen, lege ich je nach Anzahl der Regionen, die ich durchqueren möchte, eine bestimmte Anzahl von Scheiben auf dieses Aktionsfeld ab. Sind meine Scheiben aufgebraucht, ist der nächste Spieler an der Reihe.

So weit, so einfach. Oder auch nicht, denn bei der Auswahl an Aktionen ist in der ersten Partie erst Mal ein großes Maß an Zögerlichkeit angesagt. Was soll ich machen? Ist das jetzt sinnvoll? Oder lieber das?

Als ich mit der Erklärung fertig war, erntete ich erst Mal drei leere Blicke und Volker brachte es auf den Punkt, in dem er sagte: "Tja, dann... probieren wir das Mal!"

Also: was kann ich machen? Alle Aktionen hier aufzuführen, würde SEITEN dauern... also beschränke ich mich auf die Wichtigsten:

Ich kann:

- Städte besuchen: bringt entweder Gold (wenn ich Kaufmann bin) oder Wissen oder beides, je nachdem, was auf dem Stadtfeld aufgedruckt ist. Ich kann eine Stadt nur 1x im ganzen Spiel auf diese Weise "ernten". Gold braucht man u.A. zum Reisen und mit Wissen kann man...

- Schriftstücke sammeln: Es gibt Schriftstücke in fünf verschiedenen Farben (was die vier verschiedenen Dialekte darstellen soll, die damals in Italien gesprochen wurden) und in vier verschiedenen Werten, von 1-4. Will ich eines mit Wert 1 haben kostet mich das eine Aktion und ich muss dafür ein Wissen von 1 haben (hat man von Anfang an - Gott sei dank). UND ich muss mich in einer farblich passenden Region befinden (versucht mal, "Asterix up Kölsch" in Leipzig zu kaufen... klappt wahrscheinlich nicht). Will ich eins der Stufe 2 haben, kostet mich das 2 Aktionen und ich muss ein Wissen der Stufe 2 haben und in der passenden Region sein usw. usw. Als besonderes Schmankerl kommt noch, sobald die Schriftstücke mit Wert 1 alle sind, das Volgari (also quasi das mittelalterliche Langenscheidt für die neue Sprache Italiens) ins Spiel. Kostet 4 Aktionen und man muss ein Wissen von ACHT haben (das hat im Laufe des Spiels keiner von uns geschafft zu erreichen).

- Mönch werden: dazu muss ich sofort die Hälfte meines Geldes in den gierigen Schlund... ähm... ich meine  in den Opferstock der Kirche werfen. Danach suche ich mir einen Mönch aus, den ich fortan spiele. Jeder Mönch hat eine Fähigkeit (z.B. sofortiges Wissen oder umsonst Reisen oder Siegpunkte zum Schluss des Spiels). Bin ich ein Mal Mönch, gibts keinen Weg zurück mehr. Ab dem Zeitpunkt gibt einem eine Stadt kein Geld mehr, sondern nur noch Wissen. Aber das macht nichts. Ich kann noch betteln. Jawohl. Betteln. Oder besser: Almosen abgreifen. Am Anfang jeder Runde klopfen die Mönche bei den Kaufmännern an und der reichste Kaufmann darf jedem Mönch mal eben fünf Gold abdrücken. Man hat das Gefühl, das hat sich seit dem Mittelalter nicht wirklich geändert... egal. Bin ich Mönch, kann ich sogar...

- Kardinal werden: dazu muss ich 40 Gold in die mit Diamanten besetzte Geldbörse des Vatikans schmeißen. Dann geb ich meinen Mönch ab und suche ich mir einen Kardinal aus, den ich fortan spiele und der mir ebenfalls eine besondere Fähigkeit bringt (hier sollte man besonders "Kardinal Muret" erwähnen, der 70 Taler kostet, aber einem bis zum Ende des Spiel eine Aktionsscheibe mehr einbringt. Also sechs Aktionen pro Runde, statt fünf... gar nicht schlecht. Aber auch gar nicht billig). Kardinäle bette... öhm... flehen auch gerne Mal um Almosen und weil es so nette Leute sind, muss der reichste Kaufmann ihnen sogar 10 Gold am Rundenanfang geben. Kein Kommentar dazu. Aber Gold allein ist nicht genug, um Kardinal zu werden. Man braucht auch entweder die Unterstützung des Adels oder der Politik. Und die bekommt man durch...

- Personen sammeln: es gibt vier verschiedene Gruppen von Personen (oder besser: vier verschieden farbige kleine Würfel), die man sammeln kann. Jede Runde steht nur eine begrenzte, zufällig am Spielbeginn ausgeloste Anzahl von ihnen zur Verfügung. Es gibt:
- rote Würfel (Politiker)
- schwarze Würfel (Adelige)
- gelbe Würfel (Äbtissinen)
- grüne Würfel (Sekretäre)
Würfel sammeln geht immer gleich: will ich einen haben kostet mich das eine Aktion. Will ich zwei haben, vier Aktionen. Grüne und schwarze kosten kein Gold und gelbe sind umsonst, wenn man sich in einer Abtei befindet. Nur für die Roten, die Politiker, muss man bezahlen. Politiker, die sich für Geld kaufen lassen... also wirklich... wer soll das denn glauben???

Diese Personen/Würfel helfen in allen Lebenslagen. Will ich Kardinal werden, muss ich einen schwarzen oder roten abgeben. Will ich kräftig wissen sammeln, leg ich alle meine grünen (die Sekretäre) ab und bekomme pro Würfel drei Wissen. Oder ich bunker sie und bekomme einen Siegpunkt pro grünem Würfel. Die gelben (Äbtissinen) helfen gerne mal beim...

- Sonnengesang anhören: das kann man nur in einer bestimmten Runden und auch nur in einer bestimmten Stadt (beim Spielaufbau kommen an die fraglichen Städte Rundenchips, die anzeigen, wann welche Stadt aktiv ist). Wieder geb ich Aktionen aus (und gelbe Äbtissinen), um auf einer Sonnengesang-Leiste vorzurücken.

Startspieler wird nach einer Runde immer der dümmste Spieler. Also der, mit dem wenigstens Wissen. Will ich das nicht einfach so hinnehmen, kann ich mich auch...

- Ausruhen: pro Aktion ein Feld vor auf der Ausruhleiste. Wer dort am weitesten vorne ist, wird neuer Startspieler.

- Die "päpstliche Bibliothek" besuchen: und wieder 1-5 Aktionsscheiben ausgeben, um auf der Leiste 1-5 Felder vorzurücken. Am Spielende darf man dann, je nachdem, wie weit man gekommen ist, eine bestimmte Anzahl von Plättchen ziehen und sich eines davon aussuchen (bringt 1-4 Siegpunkte).

Und als letztes kann man noch das...

- "Rätsel von Verona" studieren: Leiste, 1-5 Felder für 1-5 Aktionen.

Puh... ganz schön viele Möglichkeiten. Und das ist ja nur eine Auswahl. Aber dann... kommt noch ein Brocken. Nämlich das Spielende und die Punkte.

Und wie endet dieses Spiel jetzt?

Das Spiel KANN ab der 13 Runde enden... oder bis zur 16 Runde dauern. Durch Ereigniskärtchen, die ab Runde 12 aufgedeckt werden, wird geschaut, ob der Papst stirbt. Wird ein rotes Plättchen aufgedeckt, liegt er im sterben. Kommt das Zweite, rafft es ihn dahin und das Spiel geht in die letzte Runde.

Und wie geht das jetzt mit den Siegpunkten?

Punkte bekommt man:

- wenn man am Weitesten auf der "Rätsel von Verona"/ "Sonnengesang" Leiste ist
- für jeden gebunkerten Sekretär
- für die gesammelten Schriftstücke
- wenn ich Schriftstücke in allen fünf Farben habe
- wenn man als Kaufmann das meiste Geld hat
- wer noch die meisten Personen (Würfel) übrig hat

Jawohl, "übrig", denn die kann man am Spielende noch ausgeben. Dann gibt es noch eine Wahl, in der die Spieler aufsteigen können. Aus einem Kaufmann würde ein Bankier, aus einem Mönch ein Benediktiner Mönch und aus einem Kardinal entweder ein Kardinalkämmerer oder der Papst himself.

Für jeden Titel braucht man eine bestimmte Summe an Würfeln (Personen). Klar, dass man relativ leicht Bankier werden kann. Und Benediktiner-Mönch ist auch nicht soooo schwer. Für den Kämmerer muss man schon ein paar mehr Würfel beiseite gelegt haben. Aber für den Papst.... da muss man richtig für sparen. Was sich aber lohnt, denn der bringt satte 22 Siegpunkte extra ein.

Und wie ist dieses Spiel jetzt?

Das ist eine sehr gute Frage. Trotz der frikeligen Erklärung und den vielen vielen vielen VIELEN Aktionsmöglichkeiten spielte es sich für alle überraschend flott. Und wir kamen zügig damit durch (bei uns nippelte der Papst bereits in Runde 13 ab... armer Kerl).

Die Grundstimmung dem Spiel gegenüber war durchaus positiv.

Volker: würde es noch mal spielen.

Petra: auch.

Ulli: auch.

Ich: sowieso. Ich denke, dass ist ein klassisches "muss man unbedingt ein 2tes Mal spielen und dann noch mal ne Meinung drüber bilden" Spiel. Und ich glaube, wenn es alle können und wissen, was sie tun, spielt es sich NOCH flotter (und man kann sogar ein Wissen von 8 erreichen).

Aber geärgert hat mich auch etwas. Seit geraumer Zeit verzichten immer mehr Verlage auf Kurzspielregeln, was ein ätzendes Herumreichen der Spielregel bedeutet (oder jemand, der sich ständig den Mund fusselig redet). Bei DIESEM Spiel wäre so etwas UNBEDINGT hilfreich. Zwar versteht man die Aktionen auf dem Spielbrett von selber, wenn man mal die Symbolik durchschaut hat, aber es gibt eben auch ein paar Sonderfälle und Feinheiten, die eben NICHT durch die Symbolik erklärt werden. Und dann wandert und wandert die Regel (oder jemand redet sich heiser, weil er immer wieder drauf hinweist).

Zur Fairness muss man aber sagen, dass es wenigstens einen Sichtschirm für jeden Spieler gibt, auf dessen Rückseite die Punkteverteilung zum Spielende drauf steht... oder zumindest, FAST alle Möglichkeiten, Punkte zu machen. Manche stehen nicht drauf.... wander wander, heiser heiser.

Aber: gespielt wird es auf jeden Fall noch mal!

(De vulgari Eloquentia
Von: Mario Papini
Verlag: Lookout Games
2-5 Spieler ab 14 Jahren
Dauer: 120 Minuten)


Rezension: Christoph Schlewinski

Alle Bildrechte bei "Lookout Games"

Dienstag, 5. Juli 2011

Dominion - Reiche Ernte


Dominion... schon ein Phänomen. Ein hervorragendes Spiel, das süchtig macht – WENN man es erklärt bekommt. Versucht man selber, die Regeln zu lesen (die weiß Gott nicht schwer sind, nur eben ungewöhnlich), schwebt zunächst eine Armada von Fragezeichen um einen herum und man fragt sich: „Hä???“. 

Spielt man es dann... muss man die Regeln nur noch ab und an für Details hevor holen. Ansonsten gilt bei Dominion: 1-3x gespielt – für immer verstanden. Schon genial. Ich liebe es.

Es ist (zu Recht) zum Spiel des Jahres 2009 gewählt worden, hat bereits einen zweiten Basiskasten und mit „Reiche Ernte“ die mittlerweile 4te Erweiterung, um die es hier jetzt gehen soll.

Und was macht jetzt diese Erweiterung aus?

Auf Englisch heißt sie „Cornucopia“, also „Füllhorn“ und ich finde dieses Wort wesentlich passender, als die „Reiche Ernte“, denn es wird auf die Fülle an verschiedenen Karten geachtet, anstatt auf die Masse.

Freunde der „Ich kauf nur Goldkarten und vielleicht mal nen Markt“ Minimalstrategie, werden bei dieser Erweiterung ein wenig ins Schleudern geraten, wenn sie sehen, wie Mitspieler, die sich ihre Stapel mit vermeintlich unnützen Karten vollstopfen, plötzlich Aktionen über Aktionen machen können. Denn das belohnt die „Reiche Ernte“. 

Die meisten Karten, geben Vorteile, wenn man viele verschiedene Karten in seinem Stapel gesammelt hat. So zum Beispiel die neue Punktekarte „Festplatz“, mit der man pro 5 Karten mit unterschiedlichem Namen zwei Siegpunkte bekommt. 

Oder die Menagerie, die es einem erlaubt, drei Karten nachzuziehen, wenn man auf der Hand keine Karte mit doppeltem Namen hat.

Am Interessantesten ist sicherlich das „Turnier“. Hier kann man an die sogenannten „Preise“ kommen, Karten also, die man nicht normal kaufen kann. Sechs Turnier-Preise kann man ergattern, (wenn man eine Provinz auf der Hand hat und die ablegt) und die haben es in sich. Die Prinzessin macht mal eben alles zwei Taler billiger, mit dem Streitross kann ich mir VIER Silber nehmen (und noch eine weitere schicke Sache machen, wie z.B. +2 Aktionen oder +2 Karten), mit dem Gefolge bekomm ich Anwesen geschenkt und verteil fröhliche Flüche an meine verhassten Mitspieler und und und. 

Da wird in Zukunft noch der eine oder andere Preis als Promo-Karte  ins Haus flattern. Hoffe ich zumindest. Potential zum Ausbau hätte es auf jeden Fall.

Das Schöne an den Preisen: man kann sie sich aussuchen, denn es gibt jeden nur 1x und alle liegen offen aus.

Aber mal ganz ehrlich: braucht man so eine Erweiterung jetzt in echt?

Gute Frage... nächste Frage. Ich weiß es nicht. Die „Reiche Ernte“ kam bis jetzt ca. 15x auf den Tisch und alle waren jedes Mal schwer angetan. Wenn man Dominion liebt, MUSS man sie sich kaufen. So ist das eben. Spielt man Dominion allerdings ca. 5x im Jahr... dann braucht man sie wohl eher nicht.
Für meinen Geschmack ist nach wie vor die „Blütezeit“ die stärkste Erweiterung, denn sie vermittelte uns ein neues Spielgefühl. Man kann sich vor Geld gar nicht mehr retten – aber das stellt einen vor ungeahnte Probleme.

Ein derartiges Gefühl stellt sich bei der neuen Erweiterung nicht ein. Aber sie ist eine mehr als willkommende Bereicherung, die hervorragend mit den anderen funktioniert. Wer sich dann auch nicht vom leicht deftigen Preis abschrecken lässt, hat damit auf jeden Fall eine Menge Spaß und sollte sie sich unbedingt zulegen. Bei uns wird sie auf jeden Fall auch in Zukunft regelmäßig genutzt werden. Ich will schließlich auch mal endlich ein Turnier gewinnen und nen schicken Preis abgreifen...

Dominion – Reiche Ernte (4.te Erweiterung)
Von Donald X. Vaccarino
Verlag: Hans im Glück

Rezension: Christoph Schlewinski

Vielen Dank an den „Hans im Glück“ Verlag für die nette Bereitstellung eines Rezensionsexemplares.

Alle Bildrechte bei „Hans im Glück“.