Montag, 13. Januar 2014

Amerigo

All you can spiel dankt Queen Games für das Rezensionsexemplar...

... und lädt alle Viel-, Gelegenheits- und Gernespieler ein zu:



In jedem von uns steckt ein Entdecker. Wer hat sich nicht schon vorgestellt, der erste Mensch zu sein, der einen bis dato völlig neuen Strand betritt? Den Sand und das Rauschen der Wellen kann uns ‚Amerigo‘, von Stefan Feld, erschienen bei Queen Games, für 2-4 Spieler ab 12 Jahren nicht bieten. Dafür aber eine jungfräuliche Inselgruppe, die wir...

Jungfräuliche Inselgruppe??? Mir wird gleich schlecht...

Da ist er auch wieder, mein Kumpel Nörgel...

Hallo...

... und den ignorieren wir jetzt mal...

Was?!?!

Noch ist die Inselgruppe unangetastet...
... und fangen an. Etliche neu entdeckte Inseln liegen vor den Spielern auf den Tisch und warten nur darauf, bebaut und von ihren Bodenschätzen ‚befreit‘ zu werden. Denn damit macht man in diesem Spiel die meisten Punkte. Bauen und Rohstoffe+Waren sammeln. Nebenbei kommen in jeder Runde stärker werdende, gierige Piraten angejuckelt, die uns Siegpunkte kosten, wenn wir sie nicht mit genug Kanonen vertreiben können. Dann können wir auch noch Gold anhäufen (auch Siegpunkte) uns neue Fähigkeiten aneignen (können auch Siegpunkte bringen) und rangeln uns um die Spielreihenfolge.

Wie man sehen kann: es ist einiges los bei Amerigo...

Ein bisschen zu viel los, wenn man mich fragt...

Dich fragt aber keiner, Nörgel.

‚Amerigo‘ kommt sehr opulent daher. Zum Beispiel mit einer richtig großen Packung. Die löst oft kontroverse Reaktionen aus. Die einen finden es dadurch schon ansprechend und sind gespannt, es zu spielen. Die anderen schreckt das eher ab, vermuten sie bei dem Spiel einen 4 Stunden Strategiehammer, der einen das Gehirn weich kocht. Das ist es aber nicht.
1x Würfelturm. Und dahinter die nicht kleine Packung.

Sicher, es gibt viele Aktionen: Schiffe bewegen, Gebäude planen, Gebäude auf die Inseln bauen, sich entwickeln, Kanonen kaufen, Waren kaufen, Spielreihenfolge verändern. Aber welche Aktion wann zur Auswahl steht – und in was für einer Menge –  das weiß man nicht.

Und damit kommen wir zum Würfelturm in ‚Amerigo‘. So einen Würfelturm finde ich persönlich ja immer... eher... mittelgut und es gibt nicht wirklich viele Spiele, die das Ding sinnvoll einsetzen. Aber Stefan Feld ist für mich der ‚König der besonderen Aktionsaufteilung‘ und hat den Würfelturm hier richtig gut eingebaut. Und ob man Amerigo mag oder nicht, hängt auch maßgeblich davon ab, ob man diesen Turm mag. Und was Herr Feld damit gemacht hat. Deshalb sehen wir uns den mal genauer an.

Man fängt bei den blauen Würfeln an, schmeißt sie in den Turm, legt alle Würfel die rausfallen in die Mitte des Aktionsplans.  Im Beispiel nebenan, fünf blaue, zwei rote, ein schwarzer und ein weißer Würfel. Jetzt guckt man: von welcher Farbe liegen die Meisten in der Mitte. Hier: blau, fünf. Heißt: jeder hat fünf Aktionen. Jetzt kann sich jeder aussuchen, welche er 5x machen möchte: Aktion blau (Schiffe bewegen) oder rot (Gebäude planen) oder schwarz (Kanonen kaufen) oder weiß (Reihenfolge ändern). Man wählt also immer aus den Farben, die ebenfalls in der Mitte liegen.

Wie jetzt? Ich kann gar nicht langfristig planen, was ich machen möchte?
Doch, Nörgel, das kannst du. Aber ‚Amerigo‘ ist kein Spiel, bei dem in seinem Zug immer auf die Aktionen A bis G zugreifen kann.  Man muss halt schauen, was einem der Turm so auswirft. Und in was für einer Menge. Man muss die ‚Gelegenheit beim Schopfe packen‘ und sich jedes Mal neu überlegen: was ist am Sinnvollsten für mich? Was kann ich schon mal vorplanen, in der Hoffnung, dass beim nächsten Wurf vielleicht eine Aktion rauskommt, die ich brauche? Darauf kann man bauen, denn jede Farbe hat sieben Würfel und man kann immer genau sehen, wie viele welcher Farbe noch im Turm stecken.
So langsam legen die ersten Schiffe an. Und wie man sieht: auch die Kapitäne (Spieler) versorgen mit nährreichem Proviant!!!

Manche Spieler werden da unsicher bis empört. Sie fühlen sich von dem Spiel ‚gespielt‘ und sich ihrer eigenen Entscheidungen beraubt. Sich abhängig zu machen von so einem Türmchen... wo kommt man denn dahin?

Leute, die auch mal gerne aus dem Bauch spielen (so wie ich) und bei Spielen latent nervös werden, wo schon der erste Zug über das Wohl und Wehe der gesamten Partie entscheidet (so wie ich), mögen den Turm und die Aktionsverteilung sehr.

Man muss sich bei ‚Amerigo‘ also fragen: was für ein Spielertyp ist man?

Aber die Grafik... mal ehrlich... diese Farben teilweise... das geht ja gar nicht.

Ja, ja, ja... die Grafik und die Farben. Da gab es schon viele Meinungen zu. Hier die von meinen Mitspielern und mir: Grafik finden wir fein, nur kann man manche Farben nicht wirklich gut auseinander halten. Und kommt noch schlechtes Licht dazu... na ja. Aber selbst das hat uns vom Spielen nicht abgehalten.
Hier mal der Aktionsplan und ein Spielertableau. Etwas verwackelt, aber ich heiße ja auch nicht Helmut Newton.
Und du willst mir jetzt tatsächlich erzählen, dass dieses Spiel nicht kompliziert ist???

Ja, will ich. Es WIRKT nur erst Mal, wie ein Brocken. Aber jede Runde hat exakt den gleichen Ablauf: Würfel in den Turm, Aktionen. Nächsten Würfel in den Turm, Aktionen. Usw. Usw, bis alle Farben durch sind. Dann wieder von vorne. Fünf Mal geht das so und spielt man ‚Amerigo‘ zum ersten Mal, hat man spätestens nach der zweiten Runde geschnallt, was das Spiel von einem will.

Natürlich muss man auch herausfinden, was wie viele Siegpunkte wert ist. Inseln zum Beispiel. Je eher die mit Gebäuden vollgebaut wurden, desto mehr Siegpunkte bringen die. Bei einer Insel, die nur aus drei Felder besteht: HAHAHAHAHA... kein Thema. Aber wenn die 20 Felder groß ist, schafft man das fast nicht alleine. Zumal die blöden Mitspieler schon dafür sorgen, von dem heranrollenden Punktekuchen ein Stück abzubekommen.

Die Partie ist zu Ende. Fast alle Inseln sind vollgebaut, die Rohstoffe sind abgegrast, die Anlegestellen belegt und die Punkte verteilt. Blau gewinnt. Verdient, wie blau findet.
Was bis jetzt bei ‚Amerigo‘ gut ankommt und auch mir gut gefällt: es gibt viele Möglichkeiten, dieses Spiel zu spielen. Kräftig Gold sammeln? Gibt Punkte und mit Gold kann man sich extra Aktionen kaufen. Technologien erforschen? Gibt Punkte und Vorteile. Insel schnell bebauen? Gibt Punkte und ärgert unter Umständen die Mitspieler. Man kann sich auf verschiedenste Dinge konzentrieren und seinen eingeschlagenen Weg sogar verlassen und noch mal umschwenken. Ist eine Partie zu Ende, juckte es den meisten Mitspielern in den Fingern, das bald wieder auf den Tisch zu bringen. Da die Inselgruppe in jedem Spiel neu ausgelegt wird, gleicht keine Runde der anderen.

Und wenn ein Spiel so einen Wiederspielreiz auslösen kann, dann ist es ein gutes Spiel. Finden wir. Und wenn euch das alles angesprochen habt: schaut es euch mal an. Lohnt sich. Die Regeln sind gut, die Spieldauer knackt nur in der ersten Partie die zwei Stunden Marke, man kann es auch super zu zweit spielen... was will man mehr?

In diesem Sinne sagen mein Kumpel Nörgel...

Ich schlafe schon...

... und ich: spielt all you can und bis zum nächsten Mal.

Amerigo
Von Stefan Feld
Erschienen bei Queen Games
Für 2-4 Spieler ab 12 Jahren
Dauer: 60-120 Minuten

Rezension: Christoph Schlewinski

1 Kommentar:

  1. Endlich mal eine Interessante Interpretation der Thematik "all you can spiel". Werde mir jetzt auch die anderen Blogposts durchlesen ;). Meine eigene Webseite und Blog zum Thema Schach spielen ist vielleicht auch interessant für dich oder deine Leser.


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